Gerechtigkeit in der Mediation
07.03.2014
Beim diesjährigen Mediationstag an der Universität Jena drehte sich Alles um das – für jede Form der Konfliktlösung – zentrale Thema „Gerechtigkeit“. In den Vorträgen, die das Thema aus rechtstheoretischer, philosophischer, psychologischer und mediationspraktischer Sicht beleuchteten ( s. Programm) wurde deutlich, dass die Gerechtigkeit in den parteiautonomen Verfahren, insbesondere der Mediation, einen völlig anderen Stellenwert hat als in der Entscheidungs- und Vergleichspraxis der Gerichte. Während der Prozessrichter sich an den objektiven Vorgaben des Gesetzes orientieren muss, hebt die Mediation auf die subjektiven Gerechtigkeitsvorstellungen der Parteien ab. Da diese in der Regel divergieren, kann zwar auch die Mediation nicht gewährleisten, dass die Beteiligten zu einer gemeinsamen Gerechtigkeitsüberzeugung gelangen. Mediation fördert aber den normativen Diskurs, der die divergenten Überzeugungen von Gerechtigkeit wechselseitig verstehbar macht.
Von besonderer Bedeutung für die Akzeptanz der erarbeiteten Lösung ist, dass die Beteiligten das Verfahren als gerecht empfinden. Dazu gehört auch die Informiertheit über die normativen Gesichtspunkte der verhandelten Optionen. Die Wertungen des positiven Rechts können die Parteien als Ausdruck allgemeiner Gerechtigkeitsüberzeugungen in ihre Lösungssuche einbeziehen; entscheidend ist aber, dass sie aus ihrer jeweiligen subjektiven Sicht die Lösung als gerecht empfinden.
Ob der Mediator eigene Gerechtigkeitsvorstellungen in das Verfahren einbringen darf oder sogar soll, wurde lebhaft diskutiert. Konsensfähig waren hierbei die Extrempositionen: Der Mediator darf weder an Vereinbarungen mitwirken, die gegen Gesetz oder Recht verstoßen, noch darf er den Parteien seine eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen überstülpen. Im Bereich dazwischen aber wird das Einbringen objektiver Gerechtigkeitsaspekte von den Gegebenheiten des Einzelfalls abhängig sein; dabei wird sich insbesondere der im Mediationsgesetz vorgezeichnete Weg externer Beratung empfehlen.
Als wesentliche Erkenntnis aus der Veranstaltung formulierte der Tagungsleiter, Prof. Dr. Christian Fischer, dass es den Begriff „Gerechtigkeit“ auch im Plural gibt. Neben der Relativität des Gerechtigkeitsbegriffs wurde den Teilnehmern auch sehr deutlich die große Bedeutung der Verfahrensgerechtigkeit vor Augen geführt. Die für die Praxis – auch der Güterichter – wesentlichsten Aspekte können einem von Dr. Frank H. Schmidt für die Tagung zusammengestellten Thesenpapier entnommen werden.